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Und auch für 2007 gibt es wieder eine Baustellen-Seite mit Infos und Bilder von den laufen und abgeschlossenen Projekten. Für eine größere Ansicht bitte die Bilder klicken.


Laternen

Zwar eigentlich kein direkter Teil der Gewandung, doch aber ein größeres Projekt im Jahr 2007 sind mittelalterliche Laternen. Auch hier sind mir mal wieder keine Originalfunde bekannt. Allerdings gibt es ein paar Abbildungen (z.B.:
Miniaturen aus der Kreuzfahrerbibel) aus denen man auf einen Konstruktion mit fünf Ecken schliessen kann. Nachdem Glas im Mittelalter nur sehr bedingt verfügbar war musste man auf anderen Materialien wie zum Beispiel Pergament zurück greifen. Ich habe mich wegen der besseren Lichtausbeute für schweineblase entschieden.

Hier nun erstmal die Rohkonstruktion der Laterne. Sie besteht aus zwei Holzscheiben, die obere mit einem Loch für den Wärmeabzug. Die Scheiben sind mit Holzstäben verbunden. Die Tür zum einsetzen und Anzünden der Kerze bzw des Talglichtes geht über zwei Segmente damit die Öffnung groß genug ist ohne das man für die Laterne einen riesen Durchmesser benötigt.
Ein paar Wochen und viele Stunden Arbeit später sind alle Holzteile sauber verschliffen. Die Laterne wurde bereits teilweise mit Knochenleim verleimt und die Stäbe haben eine Firnis aus Leinöl erhalten. An die untere Scheibe wurde ein gedrechselter Sockel geleimt und ein Vierkantnagel diehnt als Zentrierung und Dorn für die Kerze. Nachdem die Scheiben und der Sockel einen farbigen Anstrich erhalten sollen wurden diese mit Kreidegrund "gefasst". Der Kreidegrund aus Kreidepulver und Knochenleim wurde vier mal aufgetragen und zwei mal verschliffen um eine glatte saugfähige Oberfläche für die Farbe zu erhalten. Die Farben auf dem Bild sind ein wenig verfälscht, der Kreidegrund nimmt nach dem Trocknen einem hellbeigen Ton an.
Die Laternen werden nun mit Ei-Tempera-Farbe grün gestrichen. Die Farbe besteht aus Wasser, Leinöl, in Balsamterpentinöl gelösten Dammarharz, Eigelb als Emulgator und Grünerde als Farbpigment. Dies war mein erster Versuch mit Ei-Tempera-Farbe und ich muß sagen ich bin von Ergebniss wirklich überzeugt. Leider braucht die Farbe allerdings mehrere Wochen zum trocknen. Auf dem Bild als Beispiel einer der oberen Ringe. In Natura wirkt die Farbe allerdings dunkler, etwa wie Fichtennadeln.
Wieder einige Wochen später ist die Ei-Temperafarbe und auch die darüber aufgetragene Firnis aus Dammarharz aufgetrocknet. Das obere Loch wird nun von einer kleinen Kuppel aus Kupferblech überspannt. Ein Ring ermöglich die Laterne auch aufzuhängen. Die Kuppel wurde mit Splinten aus Kupferblech befestigt nachdem sich herraustellte das die Holzscheibe zu instabil war um mit Vierkantnägeln klar zu kommen.
Hier noch eine eine Ansicht der geschlossenen Laterne. Auch wenn die Laterne breits bis auf die Bespannung beinahe fertiggestellt aussieht, fehlen doch noch einige Handgriffe. Der Obere Teil der Laterne kann erst jetzt, nach dem entgültigen verleimen gefasst und bemahlt werden.
Mit der ersten Versuchen bezüglich Bespannung bin ich leider gescheitert. Danach fand ich leider keine Zeit mehr mich weiter den Laternen zu widmen. So ging es erst zwei Jahre später weiter, zu finden unter Baustelle 2009.



Handschuhe

Was die hirschlenderne Handschuhe betrifft wollte ich einen zweiten Versuch wagen. Das erste Paar hatte ich aus den Rest der Hirschhaut geschneidert die ich für den Schwertgurt besorgt hatte. Das Material erwies sich als zu dick, der Schnitt alles andere als Optimal und die Idee die Handschuhe mit Leinen zu Füttern als wenig praktisch. Kurzum ich war mit dem vorhandenen Paar unzufrieden. Für den zweiten Versuch habe ich eine deutlich dünnere Haut Hirschleder besorgt und passenderen Schnitt ausgetüftelt.

Fingerhandschuhe aus in der Sonne gebleichten, sämisch gegerbten Hirschleder. Die weiten Stulpen sind an den Rändern mit einfachen Seidengarn-Stickereien verziehrt. So ähnliche Handschuhe tauchen einige Male in den Abbildungen in der Heidelberger Liederhandschrift auf (Beispiel Tafel 2).



Neuer Hut

Passend zum roten Surcot wollte ich noch einen neuen Hut. Der Stil taucht häufig im Codex Manesse auf. Dort sieht man allerdings deutlich das Feh-Pelz verarbeitet wurde. Leider ist das mit Feh und den deutschen Gesetzten zum Artenschutz so ein Ding, weshalb ich mich für Wollstoffe entschieden habe.

Das erste Bild vom Stoffteil des Hutes. Der obere dunkle Bereich besteht aus einer doppelten Lage kräftigen Wollloden um genug Schutz bei regnerischem Wetter zu bieten. Der äußere später am besten sichtbare Teil habe ich aus dem gleichen Wollstoff gemacht wie mein Surcot. Der Stoff wurde mit Leinen unterfüttert und flächig bestickt. Dabei habe ich passend zum Surcot das schon dort verwendete Blumenrankenmuster wieder aufgenommen.
Ist der Hut mal fertig besteht er inkl. Futter aus über 40 handvernähten Stoffteilen. Die größte Arbeit fällt aber auf die Stickereien die auf diesem Bild ein wenig besser zu erkennen sind. Diese Arbeit hat mich so manche Woche gekostet, obwohl das Motiv relativ einfach gehalten ist.
Der fertige Hut hat Innenleben aus Leder bekommen, damit der Stoff straff sitzt und die Form richtig zur Geltung kommt.
In der Draufsicht erkennt man das noch eine kleine Stoffscheibe auf die Mitte des Hutes aufgenäht wurde. Das hat keine optischen Gründe, sondern ist notwendig geworden weil sich beim zusammennähen so vieler Stoffteile ein Loch von ca 1,5 Millimetern Durchmesser gebildet hat. Es würde oben reinregnen. Interessant dabei das eine entsprechende Kugel auch auf den Abbildung des Codex Mannese zu erkennen ist.



Edles Schuhwerk

Auch ein neues Paar edler und spannend verziehrte Schuhe nach Originalfunden sollte es dieses Jahr geben. Die Schuhe haben eine Sohle aus sehr dicken Rindsleder. Für das Obermaterial habe ich feines Ziegenleder verwendet. Die unübersehbare Besonderheit sind die Verziehrungen mit sichelförmigen Stanzungen über den gesamten Bereich des vorderen Oberleders. Bei den schlechten Strassen und Wegen dieser Zeit darf wohl angenommen werden das solch feines Schuhwerk eher von Leuten getragen wurde die nicht unbedingt zu Fuß über Stock und Stein gelaufen sind.

Das Oberleder ist mit der Sohle bereits vernäht und die Schuhe gewendet. Die Herstellung verlief genauso wie bei meinem ersten Paar. Diesmal habe ich aber für die Verbindnungsnaht von Sohle und Oberleder statt Leinengarn gepichten Bast (Pechdraht) verwendet. Nach dem Wenden und Trocknen entstand beim Leinengarn ein Spalt zwischen der Lederschichen, was für die Dichtigkeit nicht gerade hilfreich war. Der quasi unzerreissbare Pechdraht gibt wohl selbst bei stärkster Belastung nicht nach und die Naht bleibt schön stramm. Noch dazu dichtet das zähe Pech die Nahtlöcher deutlich besser ab als Bienenwachs. Das Pech haftet übrigens auch sehr gut an den Fingern! *g*
Auf diesem Bild sieht man die Lederteile die als Verstärkung innen in den Schuh genäht werden. Entsprechende Verstärkungen und Fersenkappen sind auch im Mittelalter verwendet worden.
Das Befestigen der Verstärkungsstücke am Oberleder ist ein wenig Anspruchsvoller. Bei den Originalen wurden die Teile angenäht ohne das Oberleder zu durchstechen. Das hat zum einen sicher optische Gründe zum anderen würde jedes Loch im Leder das eindringen von Wasser begünstigen. Das ist bei einem Oberleder das kaum einen Millimeter dick ist nicht ganz einfach.
Hier nun das fertige Paar Schuhe. Die Schuhe wurden für die edlere Optik rot eingefärbt. Am oberen Rand habe ich zur Verstärkung ein umgelegtes Stück Leder angenäht. Zuletzt wurden die Schuhe noch gefettet um das Leder geschmeidig zu halten und es vor Feuchtigkeit zu schützen.
Geschlossen werden die Schuhe mit einem Lederriehmen an der Fußinnenseite. Diese Verschlussart scheint recht beliebt gewesen zu sein, wenn an Anzahl der gefundenen Schuhe mit einem solchen Verschluss betrachtet.



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© Copyright Michael Morasch, letzte Änderung 06.07.2009